AntriebstechnikProduktion

Automatisierung bei der Montage wertvoller Uhren 
Antriebe beweisen Feingefühl 

Hochwertige mechanische Uhren sind edle Schmuckstücke mit einem komplexen Innenleben. Um diese kleinen Wunderwerke der Handwerkskunst herzustellen, müssen zahllose Arbeitsschritte präzise ineinandergreifen. Heute gibt es dafür Montagestationen, die die Uhrmacher mit automatisierten Abläufen unterstützen. Beim Transport der wertvollen Produkte während der Montage sorgt ausgewählte Antriebstechnik für das notwendige Feingefühl, damit die filigranen Uhrwerke keinen Schaden nehmen.

Montagestation für Uhrwerke. Im Innern verbirgt sich eine Montagefabrik im Miniaturformat. Bild: Precitrame
Montagestation für Uhrwerke. Im Innern verbirgt sich eine Montagefabrik im Miniaturformat.
Bild: Precitrame

In unserer digitalen Zeit sind mechanische Uhren eigentlich ein Anachronismus. Dennoch gibt es eine ungebrochene Nachfrage. Viele Käufer wollen nicht nur einen schönen und prestigeträchtigen Armschmuck, sondern empfinden gleichzeitig Wertschätzung und Bewunderung für die raffinierte Feinmechanik ihrer Zeitmesser. Die Grundlage dafür liefert eine hochentwickelte Handwerkskunst, die vor allem in der Schweiz über Jahrhunderte von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Allerdings fertigen die meisten Hersteller ihre Produkte heute in Stückzahlen, die sich in reiner Handarbeit nicht mehr bewältigen lassen. Zwar werden weiterhin die wichtigen Arbeitsschritte durchweg von Hand ausgeführt. Der gesamte Ablauf ist jedoch arbeitsteilig in verschiedene Prozesse unterteilt und die Facharbeiter werden maschinell unterstützt, z.B. mit automatischen Fördereinrichtungen, die den Montageablauf deutlich erleichtern. Ein gutes Beispiel dafür liefert die Montagestation von Precitrame. Das Schweizer Unternehmen, das auf Rundtakt-Transfer- und Finishing-Anlagen für feinmechanische Produkte spezialisiert ist, hat diese Station speziell für die halbautomatische Fertigung hochwertiger Uhren entwickelt.

Montagefabrik im Miniaturformat

Bei geschlossenem Maschinengehäuse sieht man nicht viel vom technischen Innenleben der Montagestation. In der Mitte der Arbeitsfläche ist vorne lediglich eine kleine runde Aussparung sichtbar. Hierhin bekommt der Uhrmacher das Uhrwerk angeliefert, um den nächsten Montageschritt auszuführen. Ist dieser beendet, legt er es dort wieder ab. Das Werkstück wird nun unter der Abdeckung weitertransportiert, während der Mitarbeiter das nächste zur Bearbeitung bekommt. Unter der Abdeckung stecken unterschiedliche Fördereinrichtungen, die wie die Miniaturversion einer Montagefabrik aussehen. Die Werkstücke fahren auf zahlreichen nebeneinanderliegenden Förderbändern hin und her, passieren Weichen und können ganz unterschiedliche Wege nehmen, je nachdem welcher Arbeitsschritt am Los gerade durchgeführt wird.

Schlussendlich gelangen alle Uhrwerke in einen Lader im hinteren Bereich der Station, der sie vom Förderband hebt und für den folgenden Prozessschritt in eine weitere Einheit einlegt. Hier kann beispielsweise noch ein mikroskopisch feiner Tropfen Öl automatisch aufgebracht werden. Vor allem ist diese Einheit aber für die Qualitätssicherung zuständig. Es wird geprüft, ob die vorangegangenen Montageschritte mit der gewünschten Präzision gelungen sind. Optische und akustische Messgeräte überprüfen z.B. die Vollständigkeit der Komponenten und vermessen Gang und Amplitude des Regelorgans. Alle Messdaten werden automatisch erfasst, über CANopen weitergeleitet und in einer Datenbank hinterlegt. Ein kleiner QR-Code auf dem Werkstückträger erlaubt die Zuordnung dieser Fertigungsdaten zur einzelnen Uhr. So entsteht für jedes einzelne Uhrwerk eine vollständige Dokumentation aller Montageschritte, die an dieser Station durchgeführt wurden.

Große Verfahrwege, sanfte Beschleunigung

Vom Förderband heben und einem Prozessschritt zuführen – das hört sich einfach an. Doch der Vorgang stellt an die eingesetzte Technik beachtliche Anforderungen. Die filigranen Uhrwerke liegen lose in ihren flachen Trägern. Bei einer ruckartigen Bewegung könnten sie herausfallen, beschädigt werden und den Prozessablauf durcheinanderbringen. Zugleich sind – im Verhältnis zu den kleinen Dimensionen, in denen sich hier alles bewegt – beträchtliche Wege zurückzulegen. Der vertikale Hub des Laders etwa beträgt gut 20 Zentimeter. Seine Arbeit soll aber die Taktzeit der gesamten Maschine natürlich nicht verzögern. Also ist es nicht damit getan, die einzelnen Abläufe langsam und damit im sicheren Bereich durchzuführen.

Zudem sind drei Abläufe präzise zu synchronisieren: Die Transportpalette mit dem Werkstückträger wird auf einer horizontalen Achse zum Greifer befördert. Dieser fasst den Träger und wird vertikal nach oben geführt. Dort angekommen, fährt der Greifer wieder horizontal zur Messstation, wo die vorgesehene Routine abläuft. Für jede dieser Bewegungen wird ein genau abgestimmtes Profil benötigt: langsam anfahren, sanft beschleunigen, vorsichtig bremsen und den Vorgang in langsamem Tempo beenden. Die Antriebslösung für diese dreiachsige Bewegung hat FAULHABER auf die Applikation maßgeschneidert.

Maßgeschneiderte Antriebslösung – bewährt in drei Millionen Testzyklen

Ihr Kernstück ist ein bürstenloser DC-Servomotor mit 4-Pol-Technologie der Serie 2250 BX4. Bei 22 mm Durchmesser und ca. 50 mm Länge liefert er ein Drehmoment bis 32 mNm. Die integrierten Hall-Sensoren geben ein präzises Positionssignal an die Steuerung und bilden damit die Grundlage für exakt reproduzierbare Bewegungsabläufe. Da dieser Motor die Vertikalachse bewegt, verfügt er zudem über eine Bremse. Bei einer Prozessstörung, etwa einem Stromausfall, kann dadurch auch die Position gehalten und ein Herunterfallen des Greifers verhindert werden.

Eine eigens für diese Anwendung entwickelte Spindel mit besonders steilem Gewinde der FAULHABER-Tochter MPS überträgt die Kraft des Motors auf die gesamte Strecke. Das optimale Material für die Nuss, die auf der Spindel hin- und herfährt, wurde in aufwendigen Dauertests ermittelt: Der hochstabile Kunststoff PEEK, der auch als Material für medizinische Implantate verwendet wird, hat sich in drei Millionen Zyklen am besten bewährt.

Präzise Ansteuerung, kompakte Bauform

Treibende Kraft der Vertikalachse des Laders: Kompakter DC-Servomotor mit 22 mm Durchmesser, Motion-Controller mit CANopen-Schnittelle und eine Spindel mit besonders steilem Gewinde. Bild: FAULHABER
Treibende Kraft der Vertikalachse des Laders: Kompakter DC-Servomotor mit 22 mm Durchmesser, Motion-Controller mit CANopen-Schnittelle und eine Spindel mit besonders steilem Gewinde.
Bild: FAULHABER

Für das Abfahren der einzelnen Bewegungsabläufe ist der Profilgenerator zuständig, eine Software, die im Motion-Controller integriert ist. Die Parameter wurden von den FAULHABER-Experten direkt bei Precitrame auf die Applikation abgestimmt. Der Servomotor 2250 BX4 ist der kleinste auf dem Markt, der diese komplexe Aufgabe übernehmen kann. Zugleich erfüllt er die anderen Anforderungen, welche die Montagestation stellt. Er ist robust, langlebig und liefert ein hohes, rastfreies Drehmoment. Angesteuert wird er von einem MCBL 3002 SCO – ein äußerst kompakter Servo-Controller für bürstenlose DC-Motoren. Wegen seiner kompakten Abmessungen von lediglich ca. 47 mm Länge, 23 mm Breite und 7,5 mm Tiefe wird ein solcher Controller in der Montagestation auch als zusätzlicher CANopen-Sensorknoten eingesetzt. Für die beiden Horizontalachsen erwiesen sich die Motoren der Serie 2232 BX4 COD als geeignet. Hier ist die komplette Servoelektronik mit CANopen-Schnittstelle bereits im Motor integriert, was bei 22 mm Durchmesser und 32 mm Länge durchaus eine Besonderheit ist. Die Motoren liefern ein Drehmoment von 16 mNm. Ihr eisenloses Design eliminiert das Rastmoment. Das „Ruckeln“ bei jeder Umdrehung, das bei Elektromotoren mit Eisenanker unvermeidlich ist, kann hier konstruktionsbedingt nicht entstehen. Das sorgt für einen sanften Transport der Uhrwerke.

Dr. Andreas Wagener, Elektronikentwicklung bei FAULHABER: „Für das Abfahren der einzelnen Bewegungsabläufe ist der Profilgenerator zuständig, eine Software, die im Motion-Controller integriert ist. Die Parameter wurden von uns vor Ort auf die Applikation abgestimmt.  Unsere BX4 Servomotoren integrieren im 22 mm Durchmesser den Servoregler mit CANopen-Schnittstelle im daumengroßen Gehäuse. Zugleich erfüllen sie die anderen Anforderungen, welche die Montagestation stellt. Sie sind robust, langlebig und liefern ein hohes, rastfreies Drehmoment.“Dr. Andreas Wagener, Elektronikentwicklung bei FAULHABER: „Für das Abfahren der einzelnen Bewegungsabläufe ist der Profilgenerator zuständig, eine Software, die im Motion-Controller integriert ist. Die Parameter wurden von uns vor Ort auf die Applikation abgestimmt.  Unsere BX4 Servomotoren integrieren im 22 mm Durchmesser den Servoregler mit CANopen-Schnittstelle im daumengroßen Gehäuse. Zugleich erfüllen sie die anderen Anforderungen, welche die Montagestation stellt. Sie sind robust, langlebig und liefern ein hohes, rastfreies Drehmoment.“

Die gesamte Maschine entspricht den Dimensionen, in denen diese Branche arbeitet und ist entsprechend kompakt bis filigran aufgebaut. Da je nach Ausführung bis zu drei Lader integriert werden müssen, wird der Platz noch knapper. Die Greifereinheit, die auf den drei Achsen bewegt wird, wiegt dennoch gut 600 Gramm. Von den Antrieben ist also Höchstleistung gefragt, bei minimalem Volumen. Precitrame und sein Endkunde freuen sich über die gute Zusammenarbeit mit dem Antriebslieferanten: „Die Experten von FAULHABER haben mit großem Einsatz an der Entwicklung dieser Lösung gearbeitet. Neben dem hervorragenden Produkt haben wir auch optimale technische Unterstützung erhalten. Das hat dazu beigetragen, dass unsere Montagestation ein Erfolgsmodell wurde.“

 

Über Precitrame
Precitrame Machines mit Sitz in Tramelan, einer Kleinstadt im Berner Jura, ist ein weltweit führender Anbieter von Transfermaschinen in verschiedenen Bereichen der industriellen Produktion. Die Stärke des Schweizer Unternehmens liegt in der Bearbeitung und Veredelung komplexer Teile mit hoher Wertschöpfung, die in Serie gefertigt werden müssen. Angeboten werden dafür schlüsselfertige Rundtakt-Transfer- oder Endbearbeitungsmaschinen, die perfekt auf die Anwendungsanforderungen abgestimmt sind, wie auch die im Text beschriebene Montagestation für die Uhrenproduktion. 
Über Faulhaber
FAULHABER ist spezialisiert auf Entwicklung, Produktion und Einsatz von hochpräzisen Klein- und Kleinstantriebssystemen, Servokomponenten und Steuerungen bis zu etwa 250 Watt Abgabeleistung. Dazu zählt die Realisierung von kundenspezifischen Komplettlösungen ebenso wie ein umfangreiches Programm an Standardprodukten wie bürstenlose Motoren, DC-Kleinstmotoren, Encoder und Motion Controller. Die Marke FAULHABER gilt weltweit als Zeichen für hohe Qualität und Zuverlässigkeit in komplexen und anspruchsvollen Anwendungsgebieten wie Medizintechnik, Fabrikautomation, Präzisionsoptik, Telekommunikation, Luft- und Raumfahrt sowie Robotik. Vom leistungsstarken DC-Motor mit 224 mNm Dauerdrehmoment bis zum filigranen Mikroantrieb mit 1,9 Millimetern Außendurchmesser umfasst das FAULHABER Standardportfolio mehr als 25 Millionen Möglichkeiten, ein optimales Antriebssystem für eine Anwendung zusammenzustellen. Dieser Technologiebaukasten ist zugleich die Basis für Modifikationen, um auf besondere Kundenwünsche für Sonderausführungen eingehen zu können.
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Ellen-Christine Reiff

Studium der deutschen Philologie, danach tätig bei Theater und Fernsehen, seit 1986 freie Journalistin beim Redaktionsbüro Stutensee mit Schwerpunkt Optoelektronik, elektrische Antriebstechnik, Elektronik und Messtechnik.

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