Automatische Spiegel-Positionierung an unzugänglichen StellenPiezo-Linearantriebe für die Lasertechnik
Laser haben als vielseitige Werkzeuge ein breites Einsatzfeld. In der Materialbearbeitung beispielsweise kann man heute genauso wenig auf sie verzichten wie in der Medizintechnik oder in der Material- und Umweltforschung. Das Prinzip ist überall das gleiche: Kippspiegel sorgen für die entsprechende Lenkung des Laserstrahls. Damit sind sie wichtige Komponenten, die allerdings präzise positioniert sein müssen, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Einstellen per Hand ist hier fast immer noch Stand der Technik. Nicht überall ist das jedoch praxisgerecht, z.B. wenn die Kippsiegel im Vakuum arbeiten oder an unzugänglichen Stellen angebracht sind und initial oder nachjustiert werden müssen. Hier können piezobasierte Linearantriebe weiterhelfen: Die platzsparenden und preiswerten Mikroantriebe arbeiten mit einer Positioniergenauigkeit bis in den Nanometerbereich und ersetzen – eingebaut in der Spiegelhalterung – die manuell zu betätigende Mikrometerschrauben.
Wie sich die für daie Lasertechnik unabdingbare Positionierung der Kippspiegel praxisgerecht automatisieren lässt, dafür liefert die Liop-Tec GmbH (vgl. Kastentext) ein gutes Beispiel. Das Unternehmen bietet Standard- und angepasste Spiegelhalter, die jetzt optional statt mit Mikrometerschrauben auch mit Piezoantrieben justiert werden können. „In Zusammenarbeit mit der Firma Physik Instrumente (PI, vgl. Kastentext) haben wir piezobasierten Linearaktoren zur Serienreife entwickelt und dabei die Schraube und Mutter den Anforderungen an das Antriebsprinzip angepasst. Die PiezoMike, wie PI den Antrieb nennt, konnte so erfolgreich in das Spiegelhalterkonzept unserer Star-Serie integriert werden“, erläutert Patrick Incorvaia, Vertriebsleiter bei Liop-Tec.
Die auf dem Trägheitsprinzip basierenden Piezomotoren werden mit einer Frequenz von bis zu 2 kHz betrieben. Die PiezoMike können mehrere 10 N Kraft erreichen, lassen sich gut in die unterschiedlichsten Applikationen integrieren und sind auch für Anwendungen im Vakuum geeignet. „Vor allem sind wir stolz darauf, dass wir jetzt in der Lage sind, Spiegelhalter für den Hoch- und Ultrahochvakuumbereich anbieten zu können, die sich extrem präzise von außen justieren lassen“, fährt Patrick Incorvaia fort. „Da hat uns die gute Zusammenarbeit mit PI einen großen Schritt nach vorne gebracht.“ Die Stellschraube wird einfach gegen eine PiezoMike ausgetauscht.
Funktionsweise und Anpassung
Piezobasierte Trägheitsantriebe nutzen den Stick-Slip-Effekt für feine Schritte mit wenigen Mikrometern Schrittgröße. Ein piezoelektrischer Aktor dehnt sich aus und nimmt einen bewegten Läufer mit. Im zweiten Teil eines Bewegungszyklus kontrahiert der Aktor so schnell, dass er am bewegten Teil entlang gleitet und dieser aufgrund seiner Trägheit die Bewegung nicht nachvollziehen kann, also auf seiner Position verharrt. Die elektrische Ansteuerung ist einfach; ihr Ausgangssignal erinnert an eine Sägezahnspannung. Die Antriebe bauen klein, wodurch sich ihnen viele Anwendungsgebiete erschließen. Typische Einsatzfelder für dieses Antriebsprinzip finden sich keineswegs nur in Lasertechnik; sie reichen von der Lötspitzenpositionierung bis hin zu Blenden- und Membranverstellungen bei Mikromanipulationen.
Diese prinzipielle Funktionsweise des Trägheitsantriebs wurde von den Entwicklungspartnern PI und Liop-Tec an die Erfordernisse der Anwendung angeglichen: Der „Stick-Effekt“ nimmt in diesem Fall keinen Läufer mit, sondern bewirkt die Drehung einer Klaue. Diese wiederum umfasst eine Schraube, die sich daraufhin dreht. Ist die maximale Ausdehnung erreicht, kontrahiert der Aktor; die Klaue gleitet um die Schraube, die aufgrund ihrer trägen Masse in ihrer Position (Slip-Effekt) bleibt. Dieser Schrittzyklus wiederholt sich, die Schraube dreht sich also weiter, bis die gewünschte Position erreicht ist und natürlich funktioniert die Bewegung auch in die andere Richtung. „Die optimalen Materialparameter für den Slip-Effekt herauszufinden war allerdings ein längerer Prozess, der viel Knowhow bei der Herstellung der Schraube und Mutter voraussetzte, und die Umsetzung erfordert höchste Anforderungen an die Toleranzen und Oberflächenqualität der mechanischen Komponenten“, erzählt Patrick Incorvaia.
Dank ihrer kompakten Abmessungen lassen sich die Trägheitsantriebe zudem sehr platzsparend integrieren. Aber auch darüber hinaus bringen diese Antriebe Vorteile. Die Piezo-Lösung ist nicht nur viel kleiner als jede andere motorgetriebene Mikrometerschraube, die auf dem Markt erhältlich ist, sondern die PiezoMike arbeiten noch dazu mit sehr hoher Auflösung; Schrittweiten von ca. 20 nm lassen sich schließlich kaum mit klassischen Schrittmotorantrieben realisieren. Dabei entwickelt der piezobasierte Linearantrieb eine Vorschubkraft von 22 N, arbeitet mit einer Geschwindigkeit von maximal 3 mm/min und ist für Stellwege von 7,5 mm bis 26 mm ausgelegt. Außerdem kann sich eine Lebensdauererwartung von mehr als einer Milliarde Schritten sehen lassen. Umgerechnet würde dies einem Verfahrweg von 20 m oder 100 Stunden Dauerbetrieb entsprechen, was angesichts der kleinen Stellwege von wenigen Mikrometern, der kurzen Stellzeiten und der vergleichsweise seltenen Bewegungen mehr als ausreichend ist.
Ansteuerung und Feinjustierung
Die entsprechende Ansteuerung übernimmt der Treiber E-870, der speziell auf die Anforderungen der Linear-Aktoren abgestimmt ist. Eine Endstufe kann in einem Gerät bis zu vier Kanäle seriell ansteuern, was die Anschaffungskosten gering hält. Für die Feinjustierung kann man die in den Spiegelhaltern eingesetzten Piezo-Linearmotoren auch in einem Analogmodus betreiben, das heißt in der letzten Phase der Positionierung wird die „Stick-Phase“ quasi angehalten; der Piezo-Aktor wird innerhalb der ansteigenden Flanke der Piezospannung und nicht in Vollschrittmodus betrieben. Die Positionierung erreicht so eine Auflösung von 5 nm. Der Treiber verhält sich in diesem Fall wie ein Piezo-Spannungsverstärker.
In Zukunft wird die Entwicklung sicher noch weiter gehen. Patrick Incorvaia zumindest freut sich auf die weitere Zusammenarbeit: „Mit schnellen, geräuschlosen Direktantrieben und positionsgeregelten Varianten, die zurzeit in Vorbereitung sind, dürften unsere Spiegelhalter noch flexibler einsetzbar werden.“
Titelbild: Liop-Tec