Programmierbare Leistungsverstärker mit großer FunktionsvielfaltNetzsimulation in Forschung und Industrie
Immer wenn es um die Erzeugung, Übertragung und Verteilung elektrischer Energie geht, spielen Versorgungssicherheit und -qualität eine wichtige Rolle. Simulationen und Messungen helfen hier, potenzielle Fehlerquellen aufzuspüren und die Frage zu klären, wie sich das Netz unter gewissen Umständen verhält und warum. Die Aufgaben sind dabei vielfältig und reichen von Untersuchungen der Elektromagnetischen Verträglichkeit über das Netzanschlussverhalten elektrischer Anlagen bis hin zum Störungsmanagement oder den Auswirkungen geomagnetisch induzierter Ströme. Teilweise ist für die entsprechenden Überprüfungen viel Hardware erforderlich, was die Testaufbauten aufwendig und unflexibel macht. Programmierbare Leistungsverstärker, die sich durch einen modularen Aufbau an ganz unterschiedliche Szenarien anpassen lassen, sind deshalb eine praxisgerechte Alternative. Forschungseinrichtungen, Prüfanstalten, Hochschulen, Industrie und Energieversorger können von ihrer Flexibilität gleichermaßen profitieren.
Das Institut für Elektrische Anlagen und Netze (IEAN) der TU Graz unterstützt nicht nur Industrie und Energietechnik mit umfangreichen Dienstleistungen wie der wissenschaftlichen Überprüfung von Erdungs- und Potentialausgleichsystemen im Kraftwerksbereich, sondern betreibt auch grundlegende Forschung, vor allem rund um das Thema erneuerbare Energien. So untersucht das Team um den Institutsleiter Univ.-Prof. Robert Schürhuber beispielsweise das Netzanschlussverhalten von Wasser-, Windkraftanlagen oder PV-Systemen. „Mit unserem Netzmodell und der dazu gehörenden Peripherie wie Transformatoren, Freileitungen, Netzschutzeinrichtungen und Verteilern sind umfangreiche Versuchsaufbauten und Simulationen auf dem Gebiet der elektrischen Anlagen und Netze möglich.“ erläutert Universitätsassistent Manuel Galler (Bild 1). Außerdem werden im Labor auch Stabilitätsprüfungen für leistungselektronische Anlagen entwickelt oder der Einfluss geomagnetisch induzierter Ströme auf Transformatoren untersucht. Darüber hinaus soll das 2018 eingerichtete Labor zukünftig auch im Hochschulbetrieb genutzt werden.
Labor mit leistungsfähigem Power-Hardware-in-the-Loop-System
Für alle diese Aufgaben bietet das im Labor vorhandene Power-Hardware-in-the-Loop-System beste Voraussetzungen (Bild 2). Den funktionellen Kern im PHILlab (PHIL-Laboratory) bilden zwei bidirektionale Leistungsverstärker in Kombination mit Echtzeitrechnern, wobei einer als Netzsimulator und einer als quellseitiger Simulator verwendet werden kann. Dabei wird ein CPU-basierter Echtzeitsimulator, der dutzende Schnittstellen hat, sowie ein FPGA-basierter Echtzeitsimulator für noch schnellere Simulationsschritte im Nanosekundenbereich verwendet. Die Anforderungen an die eingesetzte Technik sind hoch. „Die dreiphasigen AC-Leistungsverstärker müssen in der Lage sein, auf die Signale der Echtzeit-Simulatoren möglichst verzögerungsfrei zu reagieren. Reaktionszeiten deutlich unter 50 µs waren deshalb für uns ein wichtiges Auswahlkriterium“, erinnert sich Galler.
Auf der Suche nach passenden Leistungsverstärkern kontaktierten die Grazer die Stromversorgungsspezialisten der Ing. Erhard Fischer GmbH im österreichischen Hinterbrühl (vgl. Firmenkasten). In deren umfangreichen Vertriebsportfolio fand sich auch schnell die passende Lösung. Die Wahl fiel auf zwei 30 kVA Netzsimulatoren der REGATRON AG, die sich vor allem wegen ihrer extrem kurzen Reaktionszeiten von 25 µs perfekt für die Anwendung im Prüflabor eigneten, denn sie können die +/-10 V Signale der Echtzeit-Simulatoren nahezu verzögerungsfrei verstärken und das in beide Richtungen (Bild 3).
Darüber hinaus haben die digitalen TC.ACS-Netzsimulatoren als 3-Phasen-Wechselstromquellen mit 4 Quadranten-Betrieb und ungewöhnlich vielen Programmierfunktionen noch einiges mehr zu bieten. So eröffnet ihre mehrstufige Wechselrichtertechnologie mit hoher Schaltfrequenz einen weiten Grundfrequenzbereich von DC bis 1000 Hz und eine hohe Modulationsbandbreite von 5 kHz. Daher kann eine harmonische Verzerrung bis zur 100. Harmonischen bei 50 Hz oder zur 83. Harmonischen bei 60 Hz mithilfe eines komfortablen Fourier-Werkzeugs exakt reproduziert werden. Das System kann zudem einfach und umfassend an die verschiedenen Aufgaben angepasst werden, die im Prüflabor bei Forschung, Entwicklung und Unterricht, aber auch zum Beispiel bei End-of-Line-Tests in anderen Anwendungsbereichen auszuführen sind.
Für jede Aufgabenstellung gerüstet
Prinzipiell sind drei Betriebsarten wählbar. Die Leistungsverstärker können als programmierbarer Netzsimulator, ferngesteuerter 4Q-Wechselspannungsverstärker oder als elektronische Wechselstromlast mit programmierbarer RLC-Lastimpedanz arbeiten. Echte, sperrige Widerstände sowie schwere und voluminöse Induktivitäten und Kondensatoren sind damit nicht mehr notwendig, was Testaufbauten deutlich flexibler macht und Zeit sowie Kosten spart. Zudem wird die Wirkleistung effizient in das 3-Phasen-Netz zurückgespeist.
Mit der Anwendersoftware ACSControl lassen sich alle für die unterschiedlichen Testszenarien notwendigen Parameter schnell und einfach einstellen (Bild 4), angefangen von Variationen der Grundsystemspannungen und -frequenz sowie Einstellungen der Phasenbeziehung, über Spannungsabfälle im gesamten Netzwerk oder einzelne Abfälle pro Phase, Flicker sowie Über- und Unterspannungen bis hin zu Spannungsunsymmetrien. Zudem kann man auch überlagerte harmonische und interharmonische Spannungen definieren, Phasenwinkel variieren oder spezielle Bedingungen für EMV-Prüfungen wählen. Die Möglichkeiten, die die Software zur Verfügung stellt, sind damit sehr vielfältig. Die einzelnen Funktionen sind modular aufgebaut und lassen sich perfekt auf die jeweilige Anwendung abstimmen.
Skalierbar bis 1000 kVA
Hinzu kommt der modulare Hardware-Aufbau der kompakten Leistungsverstärker. Sie sind in 30 kVA oder 50 kVA-Schritten bis 1000 kVA skalierbar (Bild 5). Das ermöglicht nicht nur eine genaue Anpassung der in der Anwendung benötigten Leistung, sondern vereinfacht auch den Aufbau redundanter Systeme. Auch lassen sich beispielsweise zwei Systeme flexibel einsetzen: entweder gemeinsam für mehr Leistung oder für zwei Aufgaben, die jeweils weniger Leistung erfordern. „Uns hat zudem noch ein weiteres Argument überzeugt“, ergänzt Galler. „Die Ing. Erhard Fischer GmbH bietet lebenslangen Support, hat uns also nicht nur bei der Inbetriebnahme unterstützt, sondern ist mit Rat und Tat auch dann zur Stelle, wenn im laufenden Betrieb Probleme auftreten oder wir Beratung brauchen.“