Netzwerk & Steuerung

Digitale Anlagendokumentation beschleunigt Loop-Checks

Egal, ob eine prozesstechnische Anlage neu gebaut, überholt oder erweitert wird, ehe sie in Betrieb geht, müssen umfangreiche Tests ihre Zuverlässigkeit sicherstellen. Mit Loop-Checks prüfen Anlagenerrichter oder Anlagenbetreiber, ob alle PLT-Stellen richtig funktionieren, die zugeordneten Sensoren und Aktoren korrekt parametriert sind und wie geplant miteinander interagieren. Bei Anlagen der Prozessindustrie sind das oft mehrere hundert PLT-Stellen, die konsequent per Checkliste geprüft werden müssen. Arbeiten mehrere Teams in Schichten, um die Abnahme zu beschleunigen, wird es mit Papier-Checklisten nahezu unmöglich, den Überblick zu behalten. Digitale Anlagendokumentation schafft hier Abhilfe.

Wer schon einmal eine Anlage in der Prozessindustrie in Betrieb genommen hat, kennt das aufwändige Prozedere: Für die unter anderem notwendigen Loop-Checks werden – so das mit dem Anlagenplanungstool möglich ist – Checklisten generiert. Damit müssen nun im Feld konsequent alle PLT-Stellen geprüft werden. Die Ergebnisse werden auf den Checklisten vermerkt. Nach Feierabend bringt jeder Mitarbeiter einen Stapel Checklisten zum Projektmanager zurück. Bei ihm sammeln sich je nach Projektumfang ordnerweise Unterlagen, die er durchgehen muss, will er sich einen Überblick über den aktuellen Stand des Projektes verschaffen. Werden zum schnelleren Vorankommen Tests in mehreren Schichten abgearbeitet, ist bei dieser Vorgehensweise eine saubere Übergabe von einer Schicht zur nächsten prinzipbedingt unmöglich. Wird nicht in Schichten gearbeitet, könnte sich der Projektmanager, quasi nach Feierabend also über Nacht – einem Überblick verschaffen. Anschließend kann er die Testaufträge für den nächsten Arbeitstag vorbereiten. Das ist aber extrem aufwändig und wer will schon über Wochen per Nachtschicht ein Projekt managen?

Bild 1: Helge Laubach, Account Manager Plant Solutions bei Rösberg: „Abhängig vom jeweiligen Anwendungsfall lässt sich mit dem Einsatz der Software die Zeit für Loop-Checks um bis zur Hälfte reduzieren.“ (Urheber: Rösberg)
Bild 1: Helge Laubach, Account Manager Plant Solutions bei Rösberg: „Abhängig vom jeweiligen Anwendungsfall lässt sich mit dem Einsatz der Software die Zeit für Loop-Checks um bis zur Hälfte reduzieren.“ (Urheber: Rösberg)

Deutlich einfacher geht es mit dem digitale Anlagendokumentationstool LiveDOK NG von Rösberg (Firmenkasten 1). Viele Anlagenerrichter und Anlagenbetreiber nutzen das Tool für die Dokumentation im Anlagenbetrieb. Auch bei der Inbetriebnahme, bei Factory Acceptance Tests oder eben bei Loop Checks leistet es wertvolle Dienste: Mit dem Tool lassen sich direkt bei den Checks Daten digital erfassen und so erhält der Projektmanager in Echtzeit einen Überblick über den Stand der durchgeführten Tests. Das ermöglicht gute Planung sowie sinnvollen Einsatz von Mitarbeitern und fördert das Zeitmanagement eines Projektes maßgeblich. „Ich gehe davon aus, dass sich abhängig vom jeweiligen Anwendungsfall, die Zeit für Loop-Checks mit dem Einsatz der Software um bis zur Hälfte reduzieren lässt,“ meint Helge Laubach (Bild 1), Account Manager Plant Solutions bei Rösberg.

Digitale Checklisten sorgen für Überblick

Wie unterstützt das digitale Dokumentationstool Loop-Checks? Mit PLT CAE Planungstools wie beispielsweise ProDOK (siehe Technikkasten 1) lassen sich Checklisten für die hinterlegten loops generieren. Diese werden im PDF-Format an LiveDOK übergeben. Der Projektmanager teilt dann einzelnen Mitarbeitern, die die Tests durchführen, ihre jeweiligen Aufgaben digital – in der Regel über ein Tablet – zu. Die Mitarbeiter können beim Abarbeiten der Tests die einzelnen Schritte in der Checkliste abhaken. Zudem können sie das Dokument mit entsprechenden Stempeln versehen. Schließlich lassen sich bei LiveDOK für Dokumente abhängig vom jeweiligen Projekt individuell verschiedene Status vergeben, wie z.B. „montiert“, „geprüft“ und „in Betrieb genommen.“ So kann der Bearbeiter den Status erkennen, ohne das Dokument öffnen zu müssen. Ist die Montage einer Anlagenkomponente abgeschlossen, vergibt der Mitarbeiter dem Dokument beispielsweise den Status „montiert.“ Im Idealfall ist der Prüf-Mitarbeiter während seiner Tests mit dem Firmennetzwerk verbunden. Seine Änderungen werden also nicht nur lokal auf seiner Bedienstation gespeichert, sondern zentral auf dem LiveDOK-Server hinterlegt. Damit haben alle Mitarbeiter Zugriff auf die aktuellen Daten der Anlagendokumentation. Für den Projektmanager bedeutet das, er kann per Knopfdruck z.B. einen Überblick darüber generieren, welche Anlagenteile bereits den Status „montiert“ haben. Nicht erst nach Feierabend der Prüfmitarbeiter und Durcharbeiten unzähliger Listen, sondern im laufenden Testbetrieb erhält der Projektmanager den minutengenauen Stand der Arbeiten und kann so entsprechend planen. Geht es mit den Prüfungen nicht so schnell voran wie gedacht, können beispielsweise frühzeitig weitere Mitarbeiter hinzugezogen werden. Das ist insbesondere dann sinnvoll, wenn Anlagenumbauten während strikt vorgegebener Zeitfenster – z.B. geplanter Anlagenstillstände – durchgeführt werden sollen.

Use Case BASF Antwerpen

Bei der BASF Antwerpen (Firmenkasten 2) wurden Ende 2018 zwei neue Anlagenteile, in denen Aniline und Nitrobenzene hergestellt werden, gebaut. Nach Erweiterung der Anlagenteile galt es im Feld, um die 300 loops zu prüfen. Dafür nutzte die BASF das digitale Dokumentationstool LiveDOK. Um vollständig ohne Papier auszukommen, arbeiteten die Prüfmitarbeiter mit Tablets. Damit konnten sie direkt vor Ort alle notwendigen Informationen notieren. Wurde ein loop erfolgreich gecheckt, erhielt die dazugehörige Checkliste den entsprechenden Status. Mussten an einzelnen PLT-Geräten Änderungen vorgenommen werden, konnten diese Änderungen per Rotstiftpalette des Dokumentationstools direkt ins Dokument vermerkt werden. Diese Checklisten gingen dann zurück in den Planungsbereich, wurden dort geprüft, die vermerkten Änderungen ins Planungstool übernommen und daraus eine neue Dokumentation ohne Roteinträge generiert. In der Anwendungspraxis hat sich diese Vorgehensweise als sehr vorteilhaft erwiesen, weil sie das Arbeiten erleichtert, bessere Ergebnisse erzielt und sich die Zeiten für die Checks deutlich reduzieren ließen.

Unabhängig vom Betriebssystem

Weil es in der chemischen Industrie oft Ex-Bereiche gibt, waren für diesen Anwendungsfall entsprechend zugelassene Tablets gefragt. Wo für Stoßzeiten kurzfristig mehr Ex-sichere Tablets benötigt werden als für den Alltagsbetrieb notwendig, kann es sinnvoll sein, zusätzliche Geräte zu leihen. Deshalb bieten die Automatisierungsexperten von Rösberg für solche Fälle neben ihren Softwaretools und Projektmanagement Know-how auch die passende Leihhardware an (Technikkasten 2).

Bild 2: LiveDOK Web lässt sich dank webbasiertem Ansatz betriebssystemunabhängig auf verschiedenen mobilen Geräten nutzen. Damit können bei Tests Änderungen direkt vor Ort in die digitale Dokumentation eingefügt werden. (Urheber: Rösberg)
Bild 2: LiveDOK Web lässt sich dank webbasiertem Ansatz betriebssystemunabhängig auf verschiedenen mobilen Geräten nutzen. Damit können bei Tests Änderungen direkt vor Ort in die digitale Dokumentation eingefügt werden. (Urheber: Rösberg)

War in den vergangenen Jahren auf dem Markt die Auswahl Ex-sichere Tablets verhältnismäßig begrenzt, werden mittlerweile zahlreiche Varianten angeboten, die unterschiedlichste Betriebssysteme nutzen. Die Automatisierungsexperten haben daher jetzt mit LiveDOK Web (Bild 2) eine betriebssystemunabhängige, webbasierte Lösung geschaffen, die sich auf verschiedensten mobilen Geräten nutzen lässt. Um die Web-Applikation verwenden zu können, müssen Anwender keine Software installieren, sondern benötigen lediglich einen Internet-Browser auf dem jeweiligen Bediengerät. Die Softwarelösung ist für Touch-Bedienung ausgelegt und arbeitet betriebssystemunabhängig, lässt sich also auf Windows-, Android- oder iOS-Geräten gleichermaßen nutzen. Die Benutzeroberfläche ist responsiv, d.h. sie passt sich flexibel an unterschiedliche Displaygrößen an.

Erleichtert auch Anlagenerrichtern das Leben

Mit einer digitalen Anlagendokumentation, die sich direkt vor Ort auf mobilen Endgeräten einsetzen lässt, wird also nicht nur der Anlagenbetrieb erleichtert. Bereits bei der Inbetriebnahme können solche Lösungen wertvolle Dienste leisten. Anlagenbauern oder -errichtern wird nicht nur das Arbeiten erleichtert, sie können dem Anlagenbetreiber nach Inbetriebnahme in kürzester Zeit die as-built-Dokumentation der Anlage liefern. Das ist in vielen Fällen nicht nur nice to have, sondern aus rechtlicher Sicht unbedingt gefordert. Viele Projekte sind laut Vertrag erst dann abgeschlossen und werden bezahlt, wenn auch die aktuelle Dokumentation übergeben ist. Mit digitalen Anlagendokumentationstools lassen sich bereits während der Testphase Änderungen in die Ursprungsdokumentation einpflegen und die as-built-Dokumentation kann dann direkt nach Abschluss der Loop-Checks ausgeliefert werden.

Das PLT-CAE-System ProDOK NG
Moderne verfahrenstechnische Anlagen können nur dann effektiv betrieben werden, wenn die Daten aus der Planungsphase auch für Betrieb, Instandhaltung und Modernisierung verfügbar sind. Anlagenrealität (as-built) und Dokumentation müssen verlässlich übereinstimmen. Nur wenn alle Daten konsistent sind, lassen sich kostspielige Neueingaben und unnötiger Engineering-Aufwand vermeiden. Genau hier setzt das PLT-CAE-System ProDOK NG an. Es sorgt für einen integrierten Planungsprozess nach einheitlichen Regeln. Weil alle Daten in ein und demselben System gewonnen und ausgetauscht werden, gibt es keinen Ärger mehr mit lästigen Datenübertragungsfehlern. Die Funktionen umfassen Basisplanung, Funktionsplanung, Ausführungsplanung und Montageplanung bei der Neuplanung, der Änderungs- und Ergänzungsplanung sowie der Betriebsbetreuung. Dabei wird der komplette Lebenszyklus einer Anlage unterstützt. Mit seiner durchgängigen und konsistenten Dokumentation sorgt ProDOK NG dafür, dass sich zu jedem Zeitpunkt die Anlagenrealität in der Dokumentation widerspiegelt. Spürbare Qualitäts- und Effizienzsteigerung und eine erhebliche Zeit- und Kostenersparnis sind die Folge. Investitionssicherheit ergibt sich durch die weite Verbreitung des Systems in der verfahrenstechnischen Industrie und aus dem Einsatz modernster Softwaretechnologie.
Hardware leihen statt kaufen
Für die Loop-Checks bei der BASF Antwerpen hat der Chemiekonzern die komplette Testumgebung bestehend aus Laptops, Ex Zone Tablets, LiveDOK Lizenzen und vielem mehr bei den Automatisierungsexperten ausgeliehen. Anwender, die in ähnlichen Anwendungsfällen vor dem Invest zurückschrecken, Hard- und Software anzuschaffen, weil sie diese eventuell nur einmalig benötigen, profitieren von diesem Rundum-sorglos-Paket. Alle Komponenten werden monatsweise verliehen.

Über BASF Antwerpen
Die BASF Antwerpen ist der größte integrierte chemische Produktionsstandort in Belgien und der zweitgrößte Produktionsstandort der BASF-Gruppe weltweit.
Der Standort verfügt über fünfzig Produktionsstätten. Die Produktpalette der BASF Antwerpen umfasst Basis- und Spezialchemikalien, Kunststoffe und Primärprodukte, Raffinerieprodukte und anorganische Chemikalien.

Die Produkte von BASF Antwerpen werden in nahezu allen verarbeitenden Bereichen eingesetzt, z. B. in der Automobilindustrie, im Bausektor, in der Papier- und Lederherstellung, bei Sportgeräten sowie in der Textil-, Lebensmittel- und Pharmaindustrie. BASF Antwerpen beschäftigt rund 3.000 Mitarbeiter.

Die Rösberg Engineering GmbH
Rösberg Engineering GmbH, im Jahre 1962 in Karlsruhe gegründet, bietet mit rund 100 Mitarbeitern an fünf Standorten in Deutschland und in China maßgeschneiderte Automatisierungslösungen für international agierende Unternehmen der Prozessindustrie.

Heute ist RÖSBERG ein international erfolgreicher Automatisierer und Entwickler von Softwarelösungen. Zum Aufgabenspektrum gehört das Basic- und Detail-Engineering für die Automatisierung von prozess- und fertigungstechnischen Anlagen sowie die Konfiguration, Lieferung und Inbetriebnahme von Prozessleitsystemen. Zudem verfügt das Unternehmen über umfangreiche Projektierungs- und Anwendererfahrung beim Einsatz sicherheitsgerichteter Steuerungen, ist Experte für Funktionale Sicherheit und bietet branchenspezifische Softwarelösungen an. Das PLT-CAE-System ProDOK NG ist seit über 30 Jahren international erfolgreich. Unter dem Namen Plant Solutions begleiten ProDOK NG, die digitale Anlagendokumentation LiveDOK NG samt der Web Version LiveDOK.web und der Plant Assist Manager (PAM) Anlagen während der gesamten Betriebszeit von Planung, Bau, Inbetriebnahme, Modernisierung und Erweiterung bis hin zur Stilllegung.

Nora Crocoll

Studium Technische Redaktion, Praxis in der Elektronik-Industrie. Diplomarbeit in der Softwareentwicklung (XML-basierte Arbeitsumgebung für Redaktionsleitfaden). Seit 2005 als Autorin beim Redaktionsbüro Stutensee.

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