Prozesstechnik

Schrittweise Migration auf ein durchgängiges CAE-System
Modernisierung einer Chemieanlage als Chance

Mittlerweile hat es sich herumgesprochen, dass sich moderne verfahrenstechnische Anlagen nur dann effizient betreiben lassen, wenn die Daten aus der Planungsphase auch für Betrieb, Instandhaltung und Modernisierung verfügbar sind. Eine papiergestützte Dokumentation ist jedoch umständlich, praktisch nie konsistent und fehleranfällig. Bunte Mischungen aus Office-, Excel- und CAD-Anwendungen, wie z.B. MicroStation, sind meist ebenfalls wenig effizient. Sie haben einen hohen Wartungsaufwand, wobei Anlagenrealität (As-Built) und Dokumentation keineswegs zu jedem Zeitpunkt verlässlich übereinstimmen. Aber nur dann werden kostspielige Neueingaben sowie unnötiger Engineering-Aufwand vermieden und die Anlagenverfügbarkeit steigt. Der Umstieg auf ein zukunftssicheres PLT-CAE-System, das dies leistet, will gut überlegt sein, ist aber durchaus zu bewältigen. Wie das folgende Beispiel zeigt, kann eine Migration sowohl bei Anlagenmodernisierungen als auch bei Bestandsanlagen schrittweise ablaufen, ohne den laufenden Betrieb negativ zu beeinträchtigen, weil die alten Datenbestände währenddessen verfügbar und die Kosten überschaubar bleiben.

Kuraray Europe setzt mit leistungsfähigen Materialien, Technologien und Anwendungslösungen immer wieder Akzente in der Chemiebranche. Damit das auch in Zukunft so bleibt, investiert das Unternehmen kontinuierlich in seine Fertigungsanlagen, um sie technisch auf dem neuesten Stand zu halten. Bei der Anlagenmodernisierung gilt es alle Änderungen zu dokumentieren, damit sie nachvollziehbar sind und in der Anlagendokumentation zur Verfügung stehen, z.B. für die Instandhaltung oder die Planung zukünftiger Projekte.

Umstieg wagen, Kosten sparen

Christian Stolz, Senior Account Manager Plant Solutions bei der Rösberg Engineering GmbH: „Wir konnten die Verantwortlichen schnell davon überzeugen, dass unser PLT-CAE-System ProDOK NG die passende Lösung ist. Wir schlugen ein schrittweises Vorgehen vor, ohne „alles neu zu machen“, was sich schlussendlich auch finanziell als interessant erwies.“ Bild: Rösberg
Christian Stolz, Senior Account Manager Plant Solutions bei der Rösberg Engineering GmbH. Bild: Rösberg

Beim Umbau einer Prozessanlage für die Herstellung von POVAL (Polyvenylalkohol, einem wasserlöslichen, biologisch abbaubarer Kunststoff, der z.B. in der Papier- und Verbraucherindustrie als Verpackungsmaterial zum Einsatz kommt) am Standort Höchst wollte das Chemieunternehmen bei der Dokumentation mit dem Umstieg auf ein durchgängiges PLT-CAE-System die Weichen für die Zukunft stellen. Bisher wurden für die Dokumentation unterschiedliche Tools genutzt, die jetzt zusammengeführt werden sollten. „Wir konnten die Verantwortlichen schnell davon überzeugen, dass unser PLT-CAE-System ProDOK NG die passende Lösung ist. Wir schlugen ein schrittweises Vorgehen vor, ohne „alles neu zu machen“, was sich schlussendlich auch finanziell als interessant erwies“, erinnert sich Christian Stolz, Senior Account Manager Plant Solutions bei der Rösberg Engineering GmbH.

Das leistungsfähiges PLT-CAE-System sorgt für einen integrierten Planungsprozess nach einheitlichen Regeln und setzt dabei auf modernste Software-Technologie. Bild: Rösberg
Das leistungsfähiges PLT-CAE-System sorgt für einen integrierten Planungsprozess nach einheitlichen Regeln und setzt dabei auf modernste Software-Technologie.
Bild: Rösberg

Mit ProDOK NG bietet der Automatisierungsspezialist Rösberg ein leistungsfähiges PLT-CAE-System, das für einen integrierten Planungsprozess nach einheitlichen Regeln sorgt und dabei auf modernste Software-Technologie setzt. Dadurch wird das System zur Out-of-the-box-Lösung, die einfach zu bedienen, flexibel sowie kostengünstig ist und viele Möglichkeiten erschließt, z.B. in Hinblick auf Visualisierung, Modularisierung, Integration in verschiedene Systemlandschaften, Datenbanken und Cloud-Anwendungen.

Erst analysieren, dann migrieren

Bevor die Migration begann, gab es zunächst eine umfangreiche Bestandsaufnahme. Für die Dokumentation waren bei Kuraray unterschiedliche Tools im Einsatz, z.B. MicroStation-Dateien für CAD-Zeichnungen (von Schalträumen, -schränken, Klemmen etc.), VinApp-Dateien für Gerätedaten sowie zahlreiche Excel-Tabellen aus den unterschiedlichsten Gewerken. Sie alle galt es schrittweise in das PLT-CAE-System zu überführen und aufgrund der Datenmenge möglichst automatisiert zu konvertieren.

Elisabeth Wächter-Schäper, Head of Electrical & Instrumentation bei Kuraray: „Das Gute an der Migration ist, dass es jetzt ein einheitliches System mit einer Datenbank gibt, jeder immer auf die aktuellen Daten Zugriff hat, nichts doppelt dokumentiert wird und dass dies über die mögliche Cloud-Anbindung bald für alle unsere Standorte gelten wird.“ Bild: Kuraray
Elisabeth Wächter-Schäper, Head of Electrical & Instrumentation bei Kuraray: „Das Gute an der Migration ist, dass es jetzt ein einheitliches System mit einer Datenbank gibt, jeder immer auf die aktuellen Daten Zugriff hat.“ Bild: Kuraray

Nach Aufnahme und Durchsicht der verschiedenen Formate und Varianten wurden die im PLT-CAE-System vorhandenen Konverter entsprechend angepasst, um die Daten in das neue Dokumentationssystem soweit wie möglich automatisiert zu überführen. Insgesamt wurden so beispielsweise 7.400 MicroStation DNG-Dateien, bestehend aus 3.600 Wirkschaltplänen und 3.800 Schaltraum-/Schrank-Dokumenten, sowie sonstige Dokumente (inklusive 300 DXF-Dateien) automatisiert in DWG-Dateien mit Zeichnungsrahmen konvertiert. Hinzu kamen auch 2000 neue PLT-Stellen mit verlinkten CAD-PLT-Stellenplänen in den neuen Anlagenteilen. „Die Daten waren dadurch gleich in der neuen Dokumentation vorhanden und konnten nach und nach in intelligente CAD-Zeichnungen mit zusätzlicher Informationstiefe gewandelt werden. „Während der Migration stand dadurch die Dokumentation immer zur Verfügung, auch wenn nicht alle Dokumente gleichzeitig smart waren“, berichtet Elisabeth Wächter-Schäper, Head of Electrical & Instrumentation bei Kuraray.

Ähnlich gingen die Automatisierungsspezialisten beim Import der Projekt- und Stammdaten aus den VinApp-Systemen vor. Diese Daten wurden zunächst in Excel-Formate umgesetzt, importiert und stehen nun im Geräteengineering von ProDOK NG zur Verfügung. Vorhandene Daten wurden übernommen und können leicht mit gerätespezifischen Daten, Anschlusspunkten, grafischen Symbolen, z.B. für den PLT-Stellenplan, Baumusterprüfbescheinigungen sowie Bedienungsanleitungen und Ex(i)-Daten für Ex-Schutzberechnungen ergänzt werden.

Immer Zugriff auf die aktuelle Dokumentation

„Das Gute an der Migration auf ProDOK NG ist, dass es ein einheitliches System mit einer Datenbank gibt, jeder immer auf die aktuellen Daten Zugriff hat, nichts doppelt dokumentiert wird und dass dies über die mögliche Cloud-Anbindung bald für alle unsere Standorte gelten könnte“, freut sich Wächter-Schäper. Als dieses Projekt erfolgreich abgeschlossen war, wurde 2018 eine weitere Produktionsanlage auf das neue PLT-CAE-System migriert. Da diese Produktionsanlage für MOWITAL (Polyvenylbutyral, einem Kunststoff für Folien für Verbundgläser und als Bindemittel in der Druckindustrie) währenddessen nicht umgebaut wurde, konnte der Umstieg auf ProDOK NG schneller vollzogen werden, denn während der Migration mussten keine neuen Projekte in die Dokumentation eingepflegt werden.

Die Dokumentationssoftware LiveDOK NG bietet die Möglichkeit, sämtliche Dokumente, Pläne und Unterlagen von industriellen Anlagen digital und in Echtzeit zu verwalten, zu durchsuchen und zu korrigieren. Bild: Rösberg
Die Dokumentationssoftware LiveDOK NG bietet die Möglichkeit, sämtliche Dokumente, Pläne und Unterlagen von industriellen Anlagen digital und in Echtzeit zu verwalten, zu durchsuchen und zu korrigieren.
Bild: Rösberg

Im Zuge beider Migrationsprojekte schulten die Automatisierungsspezialisten sowohl die Mitarbeiter des Chemieunternehmens als auch die Kontraktoren, die als verlängerte Werkbank jetzt ebenfalls von der durchgängigen Dokumentation profitieren, z.B. auch bei zukünftigen Modernisierungen. Änderungen, die sich im laufenden Anlagenbetrieb ergeben, lassen sich jetzt ebenfalls komfortabel erfassen und in die Dokumentation einpflegen. Dafür sorgt LiveDOK NG, eine Dokumentationssoftware, die auf die Prozesse und Belange des Engineerings, der Inbetriebnahme sowie der Betriebsbetreuung von Maschinen und Produktionsanlagen zugeschnitten ist. Sie bietet die Möglichkeit, sämtliche Dokumente, Pläne und Unterlagen von industriellen Anlagen digital und in Echtzeit zu verwalten, zu durchsuchen und zu korrigieren. Änderungen, Ergänzungen und neue Dokumente werden sofort eingespielt und sind für alle Projektbeteiligten sichtbar. Bei Kuraray stehen ­ am Standort Höchst alle Anlagendaten im PLT-CAE-System als digitalisierte „as-built-Dokumentation“ zur Verfügung und können mit LiveDOK sehr einfach auf dem aktuellen Stand gehalten werden. Das schrittweise Vorgehen hat sich – gelohnt und der Aufwand war überschaubar.

Über Kuraray
Die Kuraray Europe GmbH wurde 1991 gegründet und hat ihren Sitz in Hattersheim bei Frankfurt am Main. In Deutschland beschäftigt das Unternehmen 700 Mitarbeiter an den Standorten Hattersheim, Frankfurt und Troisdorf. Kuraray ist ein globales Spezialchemieunternehmen und einer der größten Anbieter von Polymeren und synthetischen Mikrofasern für viele Industriezweige. Beispiele sind KURARAY POVAL, Mowital, Trosifol und CLEARFIL. An sechs weiteren europäischen Standorten beschäftigt Kuraray Europe rund 200 Mitarbeiter. Sie arbeiten auch an der Entwicklung und Anwendung innovativer Hochleistungswerkstoffe für eine Vielzahl von Branchen, einschließlich der Automobil-, Papier-, Glas- und Verpackungsindustrie sowie für Architekten und Zahnärzte.

Über Rösberg
Rösberg Engineering GmbH, im Jahre 1962 in Karlsruhe gegründet, bietet mit 150 Mitarbeitern an fünf Standorten in Deutschland und in China maßgeschneiderte Automatisierungslösungen für international agierende Unternehmen der Prozessindustrie. Heute ist RÖSBERG ein international erfolgreicher Automatisierer und Entwickler von Softwarelösungen. Zum Aufgabenspektrum gehört das Basic- und Detail-Engineering für die Automatisierung von prozess- und fertigungstechnischen Anlagen sowie die Konfiguration, Lieferung und Inbetriebnahme von Prozessleitsystemen. Zudem verfügt das Unternehmen über umfangreiche Projektierungs- und Anwendererfahrung beim Einsatz sicherheitsgerichteter Steuerungen, ist Experte für Funktionale Sicherheit und bietet im Bereich der Informationstechnik branchenspezifische Softwarelösungen an. Das PLT-CAE-System ProDOK ist seit über 30 Jahren international erfolgreich. Unter dem Namen Plant Solutions begleiten ProDOK, die digitale Anlagendokumentation LiveDOK und der Plant Assist Manager (PAM) Anlagen während der gesamten Betriebszeit von Planung, Bau, Inbetriebnahme, Modernisierung und Erweiterung bis hin zur Stilllegung.

Titelbild: Kuraray

Marco Antoni

Der Diplom-Physiker arbeitet seit Juni 2015 beim Redaktionsbüro Stutensee. Kontakt können Sie via Xing, Twitter und Facebook aufnehmen.

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