Für Oberflächenmessungen werden vornehmlich noch taktile Messgeräte eingesetzt, allerdings setzen sich mittlerweile in etlichen Anwendungen optische Verfahren durch, wie z.B. die Weißlicht-Interferometrie. Sie ermöglicht meist kurze Messzeiten, bietet eine hohe Reproduzierbarkeit und arbeitet berührungslos. Dadurch eignet sie sich auch für weiche Materialien, die durch taktile Verfahren beschädigt werden könnten, sowie für Oberflächen mit unterschiedlicher Beschaffenheit. Einsatzbereiche finden sich deshalb quer durch alle Branchen, angefangen von Halbleiterindustrie und Sensortechnik bis hin zu Komponenten für den Maschinen- und Automobilbau oder die Feinmechanikindustrie. Die neuesten Systeme eignen sich auch für die schnelle und sehr präzise Überprüfung von Höhen-, Ebenheits- und Parallelitätswerten mit Messunsicherheiten im Bereich von wenigen Nanometern, und das bei einem Messbereich bis zu mehreren Zentimetern, wobei selbst vergleichsweise großflächige Objekte mit unterschiedlichsten Eigenschaften zuverlässig kontrolliert werden können.
Eine typische Anwendung der Weißlicht-Interferometrie ist die Messung mikroskopisch winziger Strukturen innerhalb eher kleiner Gesichtsfelder mit Abmessungen, die typischerweise bei wenigen Quadratmillimeter liegen. Dabei sind in der Regel maximale vertikale Verfahrwege von etwa 500 µm bis 2 mm üblich. Vielen Anwendungen im Bereich der Qualitätskontrolle ist damit aber nicht gedient. Da hier häufig Ebenheiten, Parallelitäten, Winkel zwischen mehreren Flächen oder Stufenhöhen geprüft werden müssen, ist die flächenhafte, mikroskopisch hohe Auflösung nicht notwendig. Hohe Genauigkeiten in vertikaler Richtung bei gleichzeitig großem Messfeld dagegen sind durchaus gefordert. Für solche Anwendungen bietet heute die Weißlicht-Interferometrie passende Lösungen. Im Gegensatz zu anderen optischen Verfahren ist bei der Weißlichtinterferometrie die Messunsicherheit in vertikaler Richtung jedoch nahezu unabhängig von der Messfeldgröße.
Beides groß: Gesichtsfeld und Höhenmessbereich

Polytec beispielsweise hat mit den TopMap Topographie-Messsystemen Weißlicht-Interferometer im Programm, die sich zur schnellen und einfachen Messung ganz unterschiedlicher, präzisionsgefertigter Oberflächen in der industriellen Qualitätskontrolle sowie auch für Anwendungen in Forschung und Entwicklung eignen. Sie ermöglichen die Messung mit großen Gesichtsfeldern und gleichzeitig interferometrischer Genauigkeit in vertikaler Richtung. Dabei können auch tief liegende Flächen erreicht und fast bis zum Rand charakterisiert werden, zum Beispiel die Flächen in einem Hohlzylinder oder in tiefer liegenden Bohrungen. Da sich große vertikale Messbereiche realisieren lassen, sind auch die realisierbaren Messvolumina entsprechend groß.

So arbeitet beispielsweise das Messsystem TMS-500 TopMap mit einem vertikalen Messbereich von bis zu 70 mm bei einem Gesichtsfeld von standardmäßig ca. 43 auf 32 mm. Mit der Stitching-Funktion und einem optionalen xy-Positioniertisch zum Verfahren der Probe lässt sich das Messfeld sogar auf knapp 230 auf 220 mm erweitern. Innerhalb des Messfeldes werden Stufenhöhen von bis zu 70 mm mit einer Wiederholgenauigkeit im Nanometerbereich gemessen. Bei einer nominellen Stufenhöhe von 5 µm beispielsweise liegt diese bei 0,008 µm, bei 50 mm immer noch bei beachtlichen 0,18 µm. Anders als bei den konventionellen taktilen Verfahren sorgt dabei die flächenhafte Messung dafür, dass keine wichtigen Details übersehen werden, denn im Gegensatz zur punktweisen Abtastung eines taktilen Sensors, der zeitaufwendige Einzelmessungen zu einem Linienprofil und Linienmessungen zu einem Flächenprofil ergänzen muss, erfasst der optische Sensor flächenmäßig Millionen von Messpunkten in einer einzigen Messung. Das große Messfeld begünstigt zudem kurze Messzeiten und bei Bedarf lassen sich auch mehrere kleine Objekte gleichzeitig prüfen, z.B. Zahnräder für mechanische Präzisionsuhren.
Für nahezu alle Oberflächen geeignet und einfach zu handhaben

Die Oberflächenreflektivität spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle, auch bei „schwierigen“ Oberflächen ist eine zuverlässige Messung garantiert. So sind unterschiedliche Reflektivitäten, wie z.B. bei einer Münze, kein Problem. Hier hilft das so genannte „Smart Surface Scanning“ zuverlässig weiter: Es funktioniert so ähnlich wie die HDR-Fotografie (High Dynamic Range). Messungen mit unterschiedlichen Belichtungszeiten werden so kombiniert, dass für alle Bereiche des Messobjektes ein optimales Messsignal erreicht wird. Bei den Interferometrie-Messgeräten lässt sich auf diese Weise trotz großer Intensitätsunterschiede des zurückreflektierten Lichts die Oberfläche des Messobjektes genau überprüfen. Zudem ermöglicht ein Filterrad mit drei Graufiltern (100 %, 12,5 % und 2 %) eine komfortable Anpassung an unterschiedlich reflektierenden Objektoberflächen, um optimale Messergebnisse zu erzielen.

In der industriellen Fertigung muss die Einhaltung vorgegebener Toleranzen möglichst zeitnah kontrolliert werden. So lassen sich bei 100%-Kontrollen mangelhafte Teile vor jedem Weiterverarbeitungsschritt aussortieren und damit unnötige Kosten vermeiden. Oftmals genügen auch Stichpunkt-Kontrollen, um unerwünschte Trends im Fertigungsprozess frühzeitig zu erkennen. Durch Integration von Bildverarbeitungsverfahren kann der Prozess der Gut/Schlecht-Erkennung weiter vereinfacht werden. Die Bildverarbeitung erkennt zu Beginn der Messung, wie die Probe liegt. Bei vielen Objekten kommt man so ohne (aufwendige) Probenhalterung aus, da die hinterlegten Masken oder Profilschnitte automatisch positioniert werden. Für die Qualitätsbeurteilung ist damit kein Spezialwissen erforderlich.

Wer häufig Proben mit unterschiedlichen Höhenwerten kontrolliert, wird eine weitere Funktion schnell schätzen lernen: den hardwareseitig integrierten und patentierten „Fokusfinder“. Er vereinfacht und beschleunigt den Messprozess erheblich, weil das Messgerät den für die Messungen relevanten Interferenzbereich innerhalb des kompletten Verfahrbereiches automatisch ansteuert. Die Bedienung der Messsysteme ist einfach: Die Mess- und Auswertesoftware ist intuitiv zu bedienen und erlaubt eine DIN/ISO konforme Messdatenauswertung. Die Bedienoberfläche lässt sich individuell an die Messaufgaben anpassen.
Flexibilität innerhalb und außerhalb der Produktionslinie

Das Messsystem eignet sich für eine produktionsnahe Stichprobenkontrolle ebenso wie für den Einsatz direkt in der Linie, z.B. in der Präzisionsfertigung von Automobil-, Werkzeug- oder Spritzguss-Industrie. In diesem Fall können Messkopf, Controller und PC getrennt voneinander montiert werden. Für eine zuverlässige Schwingungsentkopplung sind als Zubehör druckluftbetriebene Dämpfer oder Systeme mit Piezoaktoren erhältlich. Beim Einsatz direkt in der Produktionslinie profitiert man besonders von der offenen Software-Architektur. Die TopMap-Systeme sind über Standard-Schnittstellen aus anderen Applikationen fernsteuerbar und lassen sich mithilfe einfach zu erstellender Add-Ins (bspw. Programmiersprache C#) leicht in automatische Prozessabläufe integrieren. So können auch Routinemessungen wiederholgenau und reproduzierbar durchgeführt und von Mitarbeitern ohne weitere Einarbeitung überwacht werden. Die Messdaten stehen über offene Datenformate für die Weiterverarbeitung oder den Export in hauseigene Datenbanken zur Verfügung.
Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten

Ein typisches Anwendungsbeispiel für eine Qualitätskontrolle liegt im Automobilbereich: In der Herstellung von Arbeitskolben für Pkw-Stoßdämpfer müssen trotz hohem Durchsatz kleine Toleranzen bei Form und Oberflächenparametern eingehalten werden. Für taktile Messsysteme ist es aufgrund der unterbrochenen Form des Werkstücks und der tiefen Lage der zu messenden Flächen schwierig, die notwendige Reproduzierbarkeit zu erreichen. Die Weißlicht-Interferometrie als optische Messtechnik liefert hingegen mit hoher Wiederholgenauigkeit in wenigen Sekunden die Topografie der gesamten Flächen.

Ähnliche Vorteile bringt die Qualitätskontrolle mithilfe der großflächig messenden Weißlicht-Interferometer in vielen anderen Bereichen, bei denen Ebenheiten, Welligkeiten, Stufenhöhen oder Winkel zwischen mehreren Flächen geprüft werden müssen. Polytec setzt in der Fertigung die Messsysteme selbst ein: Die Spiegelhalter für die Geometrie-Scaneinheit von Scanning-Vibrometern werden in der Mechanik-Fertigung bei Polytec auf einem Dreh-Fräszentrum hergestellt. Während der maschinellen Bearbeitung auftretende Spannungen können die Ebenheit der resultierenden Oberfläche beeinträchtigen. Die Abweichungen werden mithilfe eines TopMap Weißlicht-Interferometers kontrolliert und der Fertigungsprozess entsprechend optimiert.
Alle Bilder: Polytec