Moderne Kleinantriebe sind nicht nur für die Automatisierungstechnik interessant, sie bringen auch Bewegung in mobile Anwendungen und den Prototypenbau, z.B. wenn es um Themen wie autonomes Fahren oder die Erforschung anderer Planeten geht. Mit Engagement, Knowhow und dem passenden Sponsoring haben hier Studierende verschiedener Universitäten Beachtliches erreicht.

Bild: Klein und Hübner
Das autonome Fahren ist ein Thema, das bei Fachleuten wie Medien aktuell eine hohe Aufmerksamkeit genießt. Beim „Formula Student Driverless“ traten im August 2017 im Rahmen des Wettbewerbs „Formula Student Germany“ erstmals autonom fahrende Rennfahrzeuge am Hockenheimring gegeneinander an. Gebaut wurden diese Fahrzeuge von studentischen Teams. FAULHABER (vgl. Firmenkasten) unterstützte zwei süddeutsche Teams mit wichtigen antriebstechnischen Komponenten.
Sponsoring vom Antriebsspezialisten für zwei Teams aus Süddeutschland

Bild: Green Team Stuttgart
Unter dem Namen municHMotorsport arbeiten etwa 120 Studierende aus den verschiedensten Studiengängen wie Fahrzeugtechnik, Maschinenbau, Wirtschaftsingenieurwesen, Informatik, Design und BWL der Hochschule München zusammen. Gegründet wurde das Formula Student Racing Team, um die Theorie aus den Vorlesungen in der Praxis anzuwenden. FAULHABER stellte dem Team für ein autonom fahrendes Fahrzeug, das zum „Formula Student Driverless“-Wettbewerb antrat, zwei Motoren inklusive passendem Zubehör zur Verfügung. „Der Fokus unseres Teams lag beim Wettbewerb darauf, zu zeigen, dass wir einen autonomen Rennwagen bauen können“, sagt Teammitglied Maximilian Steiner. Das ist den Münchnern gelungen, wenn auch beim Wettbewerb das entscheidende Quäntchen Glück dann fehlte: Aufgrund eines Kabelbruchs in einem der Sensorsysteme erreichten sie beim Event „nur“ den 9. Platz.

Bild: FAULHABER
Erfolgreicher verlief der Wettbewerb für das Stuttgarter Team. 25 Studentinnen und Studenten verschiedener technischer Studiengänge der Universität Stuttgart haben sich zum Verein GreenTeam Uni Stuttgart zusammengeschlossen, das seit über 50 Jahren Rennwagen baut. Nun standen die studentischen Entwickler erstmals vor der Aufgabe, ihren Formula Student Rennwagen für das hochautomatisierte – also fahrerlose – Fahren im Rundstreckenbetrieb auszulegen. „Für die Lenkung haben wir den bürstenlosen FAULHABER-DC-Servomotor 3274…BP4 als Aktuator ausgewählt und parallel zur Lenksäule verbaut. Über das Planetengetriebe 38A (60:1) des gleichen Herstellers und eine selbstentwickelte Stirnradstufe greift der Antrieb direkt an der Lenksäule an“, erläutert Paul Melzer vom GreenTeam die technischen Details. Der fahrerlose Rennwagen aus dem Stuttgarter Rennstall belegte beim Wettbewerb einen guten 4. Platz.
Bürstenloser DC-Kleinstmotor mit hohem Drehmoment
Der kleine Servomotor leistet dabei Beachtliches: Mit nur 32 mm Durchmesser und 74 mm Länge liefert er ein Dauerdrehmoment von satten 165 mNm. Mit knapp 320 g bringt er weniger als die Hälfte an Gewicht auf die Waage als herkömmliche Motoren mit vergleichbarem Leistungsvermögen und ist deshalb gut für mobile Anwendungen geeignet. Der vierpolige bürstenlose DC-Servomotor ist deshalb besonders für Anwendungen geeignet, in denen es auf hohe Leistung und dynamischen Start-/Stopp-Betrieb bei möglichst geringem Gesamtgewicht ankommt. So eignet er sich beispielsweise auch als Gelenkantrieb von humanoiden Robotern, elektrischen Greifern in der Prozessautomatisierung oder Hochleistungsfahrantrieben für die Inspektionsrobotik.
Der Grund für diese Leistungsstärke und zugleich das Herzstück des Motors ist die Segment-Wicklung der Spule. Einzeln gewickelte Segmente werden überlappend ineinandergesteckt. Dadurch lässt sich in der Spule eine besonders große Menge Kupfer unterbringen. Der hohe Kupferanteil steigert die Leistungsfähigkeit des Motors. Weitere erwünschte Nebeneffekte dieses patentierten Spulenaufbaus sind eine hohe Wicklungssymmetrie mit minimalen Stromverlusten und ein entsprechend hoher Wirkungsgrad.
Unterstützung für den Einsatz auf dem roten Planeten

Bild: ITU
Komponenten des Schönaicher Antriebsspezialisten eignen sich aber auch für außerirdische Mobilität, wie das folgende Beispiel zeigt: Studierende der Istanbul Technical University (ITU) haben den Prototyp eines Marsrovers realisiert, in dem gleich mehrere Kleinstantriebe eingesetzt sind. Ins Rollen kam das Sponsoring durch einen langjährigen Kunden von FAULHABER, dem Unternehmen ALTINAY, das in der Türkei als Pionierunternehmen in der Branche für Industrierobotik gilt und heute zu den führenden Anbietern des Landes zählt.

Bild: FAULHABER
Das ITU-Team verwendet sechs kraftvolle Kleinstmotoren der Serie 3272…CR mit Grafitkommutierung sowie die entsprechenden Getriebe, um die sechs Räder des Marsrovers anzutreiben. Mit einem Motordurchmesser von 32 Millimetern und einer Motorlänge von 72 Millimetern sind die Motoren besonders leicht und kompakt. Durch die Konstruktion als Glockenankermotor mit der patentierten, freitragenden Rotorspule in Schrägwicklung, die um einen ruhenden Magneten rotiert, kann fast der gesamte Motordurchmesser für die Wicklung genutzt werden. Dadurch erreichen die Motoren im Verhältnis zu ihrer Größe und ihrem Gewicht höhere Leistungen und Drehmomente als konventionelle Ausführungen. Die kleinen Motoren liefern ein Drehmoment von jeweils 120 mNm.
Ausgelegt für dynamische Höchstleistung
Der Begriff „Grafitkommutierung“ bezieht sich auf das verwendete Bürstenmaterial in Kombination mit einem Kommutator aus einer Kupferlegierung. Dieses Kommutierungssystem ist sehr robust und eignet sich besonders für dynamische Hochleistungsapplikationen mit schnellem Start-/Stoppbetrieb oder periodischen Überlastbedingungen, wie sie beim Einsatz am Marsrover gegeben sind. Ähnliche Anforderungen finden sich aber z.B. auch in der Robotik. Außerdem arbeiten die Motoren rastmomentfrei und lassen sich durch ihre lineare Charakteristik einfach regeln.
Mit dem ALTINAY Marsrover nahm das Team der ITU 2017 erfolgreich an der „University Rover Challenge“ (URC) in den USA teil. Es gelang den Studierenden, sich gegen 82 Teams aus 13 Ländern zu behaupten und am Ende den 4. Platz zu belegen, obwohl sie als erstes türkisches Team überhaupt an dem Wettbewerb teilnahmen. Die leistungsfähigen Kleinstantriebe haben dazu einen wichtigen Beitrag geleistet.
Titelbild: Green Team Stuttgart