Von der Entdeckung des piezoelektrischen Effekts durch Marie und Pierre Curie im Jahre 1880 bis zu seiner industriellen Nutzung in Sensoranwendungen verging einige Zeit. Erst seit den 1940er Jahren wird dieses Messprinzip eingesetzt und gilt heute als ausgereifte, sehr zuverlässige Technologie, wenn es beispielsweise gilt hohe Drücke bis zu mehreren Tausend Bar schnell und mit hoher Auflösung zu erfassen. Mittlerweile sind kompakte und ausgesprochen robuste piezoelektrische Drucksensoren auf dem Markt, die sich dank spezieller Piezomaterialien ohne zusätzliche Kühlung für Temperaturen bis 700 °C eignen. Typische Einsatzbereiche für diese „Spezialisten“ finden sich z.B. in der Labor- und Prüftechnik ebenso wie im Maschinen- und Anlagenbau, in der Hydraulik, bei Pumpen und Turboladern, in medizinischen Anwendungen, z.B. bei der Zertrümmerung von Nierensteinen oder auch bei Explosionsdruckmessungen zum Test von Airbags.
Das grundlegende Messprinzip piezoelektrischer Drucksensoren ist einfach zu verstehen: Wird auf ein piezoelektrisches Material eine Druck- oder Zugkraft in definierter Richtung ausgeübt, laden sich bestimmte entgegengesetzt orientierte Flächen des Kristalls positiv bzw. negativ auf. Die Ladungsmenge ist dabei proportional zum Betrag der Kraft, ihre Polarität hängt von der Kraftrichtung ab. Die Oberflächenladung wird abgegriffen und in einem Ladungsverstärker in eine messbare 0…10 V Spannung umgewandelt. Diese Spannung kann dann durch ein standardmäßiges Kabel an ein Datenerfassungssystem übermittelt werden.
Für hohe Temperaturen gerüstet
Als lösungsorientierter Spezialist für Druck- und Füllstandsmesstechnik hat BD|SENSORS (vgl. Firmenkasten) dieses Prinzip in kompakten Sensoren umgesetzt, die sich für dynamische Messungen bis in den Bereich von über 100 kHz, Druckbereiche bis 8.000 bar und ohne zusätzliche Kühlung für Temperaturen bis 400 °C in speziellen Ausführungen sogar bis 700 °C eignen. Dabei ist die Auflösung ausgesprochen hoch; bei einem Messbereich von 500 bar beispielsweise beträgt sie 1 mbar. Gemessen werden können extrem schnelle Druckanstiege von mehr als 1.000 bar/µs. Außerdem lassen sich die Sensoren einfach in die unterschiedlichen Anwendungen integrieren.
Diese Leistungsfähigkeit kommt nicht von ungefähr: Die Thiersteiner Sensorikspezialisten kooperieren mit dem österreichischen Sensorentwickler und Hersteller Piezocryst, der auf über 50 Jahre Erfahrung mit piezoelektrischer Messtechnik zurückblicken kann. Das Unternehmen unterhält eine eigene Kristallzucht sowie Kristallbearbeitung und ist weltweit der einzige Hersteller, der einkristallines Galliumphosphat (GaPO4) als Grundlage für die Herstellung piezoelektrischer Sensoren produzieren und bearbeiten kann. Für die hochdynamische Druckerfassung bei hohen thermischen und mechanischen Belastungen ist dies das am besten geeignete piezoelektrische Material. Galliumphosphat ist im Gegensatz zu vielen anderen piezoelektrischen Materialien nicht pyroelektrisch, was ungestörte Messungen bei hohen thermischen Gradienten zulässt und bietet zudem einen extrem hohen Innenwiderstand. Dies resultiert in einer geringen Temperaturdrift und bildet die Grundlage für lineare Sensoren mit einem besonders guten Signal-Rausch-Verhältnis.
Wie wird gemessen?
Bei den piezoelektrischen Drucksensoren sind diese Galliumphosphat-Kristalle direkt hinter der Membran im Sensor angebracht. Die Membran wandelt den Druck in eine Kraft um, die dann wiederum auf den Kristall wirkt. Darauf reagiert dieser linear mit einer Ladungsverschiebung, also elektrischen Ladungen an seiner Oberfläche. Druck wird damit direkt in ein elektrisches Signal umgewandelt, und das ohne weitere Messbrücken, Temperaturkompensation oder ähnliches. Ein weiterer Vorteil ist, dass die dünne Membran durch die hochfesten Sensorelemente abgestützt wird. Dauerbelastbarkeit und Überlastfähigkeit sind dadurch hoch. Da der piezoelektrische Effekt eine mikroskopische Eigenschaft des Kristallgitters ist, hat der Sensor ein extrem gutes Ansprechverhalten und eignet sich besonders für schnelle dynamische Druckmessungen und für Messungen bei hoher Grundlast.
Die Ladung der Kristallelemente wird durch einen Ladungsverstärker bzw. Ladungswandler in ein elektrisches 0…10 V-Signal umgewandelt. Um ein stabiles Signal zu gewährleisten, werden piezoelektrische Sensoren üblicherweise mit einem Hochpassfilter betrieben, weshalb diese Technologie für statische Messungen lediglich sehr bedingt geeignet ist und nur für dynamische Druckmessung verwendet wird. Für diese Anwendungen bietet sie aber unvergleichbare Vorteile und eröffnet zahlreiche Möglichkeiten, die mit anderen Technologien nicht zugänglich wären.
Hochdrucksensoren und ihre Anwendungsbereiche
Bei Explosionsdruckmessungen in der Airbag-Entwicklung beispielsweise finden die Hochdrucksensoren einen typischen Anwendungsbereich. Ähnliche Anforderungen gibt es aber auch in der Medizintechnik. Hier braucht man sie z.B. um den Druckanstieg bei sogenannten Lithotriptoren zu überwachen, die zur Nierensteinzertrümmerung durch Ultraschall verwendet werden. Explosionsdruckmessungen werden darüber hinaus natürlich auch bei ballistischen Untersuchungen eingesetzt und auch im Prüfstandbau sind die Hochdrucksensoren gefragt:
Hydropulsations-Prüfstände beispielsweise dienen zur dynamischen Innendruckpulsation von hydraulischen Bauteilen aller Art mit definierbaren Lastprofilen zur Dichtheitsprüfung und Leckageermittlung. Bei Prüfdrücken bis 1.000 bar, Prüffrequenzen bis 30 kHz und Temperaturen bis 150 °C werden piezoelektrische Sensoren eingesetzt, um bestmögliche Messergebnisse zu erhalten.
Ein weiterer Anwendungsbereich ist die Erfassung von Druckspitzen bei Schaltvorgängen in Getrieben, z.B. für Baumaschinen. Die Getriebe sind stets besonderen Belastungen ausgesetzt und müssen auch unter extremen Einsatzbedingungen funktionieren. Während des Entwicklungsprozesses werden deshalb auch auftretende Druckspitzen bei Schaltvorgängen erfasst. Diese Messdaten lassen sich nutzen, um Rückschlüsse auf die weitere Entwicklung der Getriebe und die Auswahl der Komponenten, wie z.B. Aktuatoren, Ventile und Steuerungseinheiten zu ziehen.
In der Labortechnik werden piezoelektrische Sensoren z.B. bei der Prüfung von sogenannten Berstdruckscheiben eingesetzt. Diese werden verwendet, um Stahlflaschen, Rohrleitungen oder Behälter gegen Überdrücke zu schützen, die sonst zur Explosion führen würden. In Laboren werden Versuche durchgeführt, um für jede Anwendung die passende Berstscheibe so zu dimensionieren, dass diese möglichst exakt beim vorgegebenen Druck nachgibt. Dafür sind piezoelektrische Drucksensoren besonders gut geeignet, da sie auch bei einer hohen Grundlast und niedrigen Druckschwankungen eine sehr feine Auflösung haben.
Aufbau der Messkette
In all diese Anwendungen lassen sich die Sensoren gut einbauen. Die komplette Messkette besteht üblicherweise aus dem piezoelektrischen Sensor, der mit dem Ladungsverstärker über ein spezielles Low-Noise Kabel verbunden ist, um die Ladungen des Sensors, die im Picocoulomb-Bereich liegen, störungsfrei zu übertragen. Das Kabel ist geschirmt und so aufgebaut, dass triboelektrische Einflüsse vermieden werden. Im Ladungsverstärker wird das Ausgangssignal von wenigen pC in eine messbare 0-10 V Spannung umgewandelt, die im Anschluss über standardmäßge Kabel weitergeführt werden kann.

Die Entwicklung eines piezoelektrischen Druckmessumformers, der piezoelektrischem Drucksensor und Ladungsverstärker in einem kompakten Gehäuse kombiniert, steht kurz vor dem Abschluss.
Bild: BD|SENSORS
Kurz vor dem Abschluss steht aktuell die Entwicklung eines piezoelektrischen Druckmessumformers, der die Komponenten piezoelektrischer Drucksensor und Ladungsverstärker in einem kompakten Gehäuse vereint. Er bietet ein analoges Ausgangssignal von 0 … 10 V sowie standardisierte mechanische Anschlüsse für industrielle Anwendungen. Durch den integrierten Ladungsverstärker kommt das erste Mitglied der DMC-Reihe ohne kostenintensive und aufwendige Spezialverkabelung aus. Das Gerät erfasst zuverlässig extrem schnelle Druckverläufe und zeichnet sich bei der hochdynamischen Druckerfassung bis 50 kHz mit galvanisch isoliertem Reseteingang, Versorgungs- und Ausgangssignal aus. Damit können Messwerte in extremen Situationen, wie die Erfassung von Druckspitzen oder Druckstößen, z.B. bei der Rohrleitungsüberwachung (Water Hammer Effekt), bei Laboranwendungen oder bei Prüfständen exakt registriert werden. Mit seinen stabilen und zuverlässigen Messergebnissen ist das Gerät auch für industrielle Anwendungen eine interessante Alternative zu den konventionellen Messaufbauten. Den piezoelektrischen Hochdrucksensoren dürften sich damit weitere interessante Einsatzbereiche erschließen.
Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter: https://www.bdsensors.de/druck/piezoelektrische-drucksensoren/
Titelbild: BD|SENSORS