Schon vor einigen Jahren war die Photonik im Hinblick auf schnelle Telekommunikationslösungen ein wichtiges Thema; heute steht allerdings die Datenübertragung im Vordergrund Wichtige Schlagworte in diesem Zusammenhang sind Cloud-Computing, schnelles Internet sowie viele andere computergestützte Dienste, die möglichst hohe Übertragungsgeschwindigkeiten verlangen. Hier ermöglicht die Siliziumphotonik Datenraten in der Größenordnung von Tbit/s. Es ist allerdings keineswegs weder trivial, die optischen Komponenten auf den Siliziumhalbleitern zu platzieren, noch optischen Verbindungen herzustellen, die notwendig sind, um Daten bzw. Informationen in die Chips hinein- und wieder herauszubringen. Inzwischen lässt sich aber auch diese sehr komplexe Positionieraufgabe praxisgerecht automatisieren, sodass der Weg zu einer kostenoptimierten Massenfertigung geebnet sein dürfte.
Die Siliziumphotonik nutzt Standard-Siliziumhalbleiter als Medium zum Senden und Empfangen optischer Informationen zwischen Computern und elektronischen Komponenten. Dazu werden neben den elektrischen auch optische Komponenten in Siliziumsubstrat integriert. Die so gefertigten Mikrochips können bei einer sehr geringen Leistungsaufnahme und Wärmeentwicklung Daten über optische Wellenleiter mit Terabit-pro-Sekunden-Geschwindigkeit senden. Viele verschiedene Bauelemente für die Herstellung solcher Halbleiter-Chips können bereits in kommerziellen Anlagen gefertigt werden. Die Produktion auf Wafer-Ebene ist inzwischen hochgradig automatisiert und relativ kostengünstig realisierbar. Doch sobald man die Wafer-Ebene verlässt und in Richtung einer Technologie mit gepackten Komplettsystemen geht, schnellen die Kosten nach oben.

Die Integration der Lichtquellen auf Waferebene und der Anschluss der optischen Ein- und Ausgänge gestalten sich schwierig. So haben die Lichtwellenleiter auf Silizium-Wafern typischerweise Kerndurchmesser von lediglich 150 bis 200 nm, sind somit sehr viel filigraner als optische Einmoden-Glasfasern, deren Kerndurchmesser durchschnittlich bei etwa 9 µm liegt, also etwa 50-mal dicker ist. Eine solche Automatisierungsaufgabe zu bewältigen, ist damit eine beachtliche Herausforderung: So ist höchste Präzision bei der Handhabung, Positionierung und Justierung ebenso erforderlich wie eine möglichst hohe Produktionsgeschwindigkeit, um Massenmärkte bedienen zu können.

Das Eschbacher Unternehmen PI miCos (vgl. Kastentext) hat sich dieser Aufgabenstellung angenommen und ein automatisches Photonikmontage- und Justiersystem entwickelt, das sich inzwischen im Vorserieneinsatz bewährt hat. Die Spezialisten für Mikro- und Nanopositionierung konnten dafür zahlreiche unternehmensinterne Synergieeffekte nutzen. So entstand eine schlüsselfertige Automatisierungslösung, die sich gut an unterschiedliche Anwendungsanforderungen anpassen lässt. Dabei werden die aus dem ganzen Wafer herausgetrennten Silizium-Schaltkreise in einem Package gebondet, um die elektrischen und optischen Verbindungen herzustellen. An dieses Bauteil werden dann weitere Elemente, wie beispielsweise ein Faser-Array mit einer Genauigkeit im Sub-µm-Bereich angeschlossen.
Nanopositionierung, Bildverarbeitung und Robotik

Für die technische Realisierung dieser komplexen Automatisierungsaufgabe waren zunächst vier Bereiche abzudecken: die Mikro- und Nanopositionierung, industrielle Bildverarbeitung, Robotertechnik für das Aufnehmen und Positionieren der Bauteile (Pick-and-Place) sowie eine anwendungsspezifische Software- und Benutzerschnittstelle. Prinzipieller Aufbau und Funktionsweise des Systems sind dabei einfach zu verstehen:

Der Roboter, der von Bildverarbeitungssystemen geführt wird, nimmt die Komponenten auf und legt sie auf Zwischenhaltern ab. Anschließend werden die Photonikkomponenten ebenfalls mit Hilfe eines industriellen Bildverarbeitungssystems basierend auf Kameras im sichtbaren und im kurzwelligen Infrarot-Bereich (SWIR) auf dem SI-Substrat hochpräzise positioniert. Die Aufgabe übernimmt eine Kombination aus Linearpositionierern und Mikrofabrikationsrobotern, die mit sechs Freiheitsgraden arbeiten, die sogenannten SpaceFABs von PI miCos.
Das parallelkinematische Prinzip

Das parallelkinematische SpaceFAB-Prinzip basiert auf drei Kreuztischen, die über drei Beine mit konstanter Länge und eine geeignete Gelenkkonfiguration gemeinsam eine Plattform positionieren. Auf diese Weise lassen sich schnelle und hochpräzise Verfahrwege realisieren. Im Gegensatz zur seriellen Kinematik wirken bei parallelkinematischen Systemen alle Aktoren unmittelbar auf die gleiche Plattform, es können sich also nicht wie bei „gestapelten“ Systemen Führungsfehler summieren, dadurch ist die Genauigkeit deutlich höher. Es gibt jedoch noch weitere Vorteile: z.B. geringere bewegte Masse und damit eine höhere und für alle Bewegungsachsen gleiche Dynamik, keine mitgeschleppten Kabel die Reibungsverluste erzeugen, und einen deutlich kompakteren Aufbau.

Die Kreuztische, die speziell für Anwendungen in der Lichtwellenleiterausrichtung entwickelt wurden, lassen sich im geschlossenen Regelkreis mit rotativen Encodern oder hochpräzisen Glasmessstäben ausrüsten. Für den Anwender sehr einfach ist die Kommandierung des Hexapod-Systems. Der Controller ermöglicht die Festlegung eines beliebigen Punktes im Raum als Rotationszentrum. Dieser frei definierbare Drehpunkt (Pivot-Punkt) bleibt unabhängig von der Bewegung erhalten, eine Eigenschaft, die bei der optischen Justage besonders zum Tragen kommt.
Die Photonikkomponenten lassen sich auf diese Weise sehr präzise positionieren. Damit wird das sogenannte „First light“ erreicht. Dieser Begriff besagt, dass die Durchgängigkeit des optischen Signals gemessen und überwacht werden kann. Das ist die Voraussetzung dafür, dass Maxima mit hoher Genauigkeit im Sub-Mikrometer-Bereich gesucht und erkannt werden können. An die erfolgreiche Feinjustierung schließt dann ein automatischer Bonding-Zyklus an, wahlweise mit Epoxidharz mit UV- oder thermischer Aushärtung. Durch diese für die Siliziumphotonik maßgeschneiderte Vorserien-Automatisierungslösung reduziert sich der gesamte Fertigungsprozess auf wenige Minuten, was gegenüber den normalerweise heute üblichen 40 Minuten oder mehr bei manueller Fertigung sehr günstig ist. Die Spezialisten für Nano- und Mikropositionierung haben mit ihrem schlüsselfertigen Montage- und Justiersystem also wesentlich dazu beigetragen, die Siliziumphotonik voranzutreiben und die Datenübertragung schneller zu machen. Wohin der weitere Weg führt, darauf darf man gespannt sein.
Alle Bilder: PI miCos